Sonntag, 24. Dezember 2006

Lesenswertes

Jedes Jahr aufs Neue lesenswert: Der Meister auf dem Gebiet der Korrektursammlungen Craig Silverman und sein Überblick über journalistische Fehler und deren Eingeständnisse im Jahre 2006. Crunks ’06: The Year in Media Errors and Corrections.

Ebenso interesant: Ein Interview bei onlinejournalismus.de mit dem Macher des Zeit-Meckerblogs, eine Art Zeit.de Ombudsmann. Und der Mann spricht mir aus der Seele – siehe Leseprobe.

Kannst Du Dir auch bei anderen Medien eine derartige öffentliche und professionelle Kritik vorstellen? Warum gibt es diese Institution bei deutschsprachigen Medien nicht in so ausgeprägter Form, ist es tatsächlich die oftmals monierte “fehlende Fehlerkultur”?


Mehr öffentliche Kritik wäre auch bei anderen Medien gut. Schließlich ist Fehler machen ja eben kein Fehler, sondern normal. Ein Fehler ist, sich Fehlern nicht zu stellen. Oder wie es Lenin gesagt hat: “Wer arbeitet, macht auch Fehler. Wer keine Fehler macht, arbeitet nicht.”
Mehr Transparenz wäre in allen Medien wünschenswert, solange keine echten Redaktionsgeheimnisse tangiert sind. Schließlich ist es die Aufgabe der Medien, für Transparenz zu sorgen – warum nicht auch im eigenen Stall?

Samstag, 16. Dezember 2006

falsches Zitat und falsche Bildunterschrift

Ein gutes Beispiel um zu zeigen wie groß die Unterschiede bei einzelnen Korrekturen sind: Die erste behandelt eine wirklich banale Richtigstellung einer falschen Bildunterschrift, während es bei der anderen Korrektur um die fälschliche Zuschreibung eines Zitates geht, welches im Extremfall rufschädigend wirken könnte.
Süddeutsche Zeitung, Freitag, 15. Dezember 2006, S.2.
Korrekturen
Im Thema des Tages vom 12. Dezember zum VW-Gesetz war ein Foto von der Käfer-Produktion zu sehen. Es stammt nicht, wie in der Bildunterschrift angegeben, aus den 60er, sondern aus den 50er Jahren.

In der Donnerstag-Ausgabe wurde auf Seite 7 behauptet, UN-Sonderermittler Serge Brammertz habe sich von seinem Vorgänger Detlev Mehlis den Vorwurf der „Verschleppung” der Untersuchungen im Mordfall Rafik Hariri machen lassen müssen. Mehlis betont, er habe diesen Vorwurf nie erhoben.

Freitag, 8. Dezember 2006

Rüge für Hamburger Abendblatt

Ziffer 3 des Pressekodex besagt, dass "veröffentlichte Nachrichten oder Behauptungen, insbesondere personenbezogener Art, die sich nachträglich als falsch erweisen, hat das Publikationsorgan, das sie gebracht hat, unverzüglich von sich aus in angemessener Weise richtig zu stellen."
Überraschenderweise zeigt sich aber, dass Ziffer 3 nur selten Ausgangspunkt für Beschwerden beim Presserat ist, von insgesamt 507 Eingaben im Jahr 2005, betrafen nur fünf davon Richtlinie 3.

In diesem Jahr erhält aber tatsächlich das Hamburger Abendblatt eine Rüge, wegen einem Verstoß gegen die Auflagen zur Richtigstellung.
Dazu die Pressemitteilung des Deutschen Presserates:
Richtigstellung fehlte
Das HAMBURGER ABENDBLATT erhielt eine Rüge wegen einer Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht (Ziffer 2) und einer nicht erfolgten Korrektur (Ziffer 3). Die Zeitung hatte ein Bild mit vier giftigen Pilzen veröffentlicht und zwei davon als essbar bezeichnet. Obwohl ein aufmerksamer Leser die Redaktion auf den Fehler aufmerksam gemacht hatte, korrigierte sie ihn nicht.

Falsche Beschreibung

Gestern ein saftig-schmeichelnder Artikel über Helmut Markwort, heute eine kleine Korrektur dazu auf der Medienseite. Da wollte die SZ das ungeliebte Magazin (was ich auch sehr gut verstehen kann ) aus der gleichen Stadt anscheinend mehr abstrafen als es die Realität erlaubt. Und dann gab es wohl einen bösen Telefonanruf oder die Verantwortlichen haben sogar den Eintrag dazu auf Peter Turis Blog verfolgt.

Süddeutsche Zeitung, Freitag, 8. Dezember 2006, S. 19.
Korrektur
In der Donnerstagsausgabe hieß es, die Verkaufsauflage von Focus habe „sich mehr als halbiert“. Das trifft nicht für die Gesamtauflage zu, sondern für die am Kiosk verkauften Exemplare.

In jedem Fall interessant, dass die Korrektur nicht wie üblich auf Seite 2 in der festen Spalte erschien, sondern im Fehler-Ressort.

Wirkung von Gegendarstellungen

In den Vierteljahresheften zur Kommunikationsforschung, Publizistik Ausgabe 2/06, präsentiert Thomas Petersen am Beispiel der Berichterstattung über den ehemaligen Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit Florian Gerster: „Ein Experiment zur potentiellen Wirkung von Gegendarstellungen als Gegengewicht zu einer skandalisierenden Berichterstattung.“ Sein Ergebnis ist spannend, stellt es doch die bislang von der Forschung angenommenen Wirkungen von Gegendarstellungen eine neue These entgegen:
„Die Gegendarstellung ist zwar, wie oben gezeigt, nicht in der Lage, die Rufschädigung, die durch eine negativ wertende Berichterstattung über eine Person ausgelöst wird, auch nur annähernd auszugleichen, doch sie kann immerhin – in der Summe – den Effekt eines einzelnen Artikels ausgleichen.“
Allerdings führt sie nach Petersen auch dazu, dass sich die Lager der Befürworter und Gegner der betreffenden Person klarer voneinander trennen.
„Sie bewirkt in dieser Hinsicht das Gegenteil dessen, was der Urheber in der Regel beabsichtigt: Sie trägt nicht zur Beilegung des Konfliktes bei, sondern tendenziell zur Polarisierung der Meinungslager und damit eher zur Verschärfung der Auseinandersetzung.“
Der ganze Artikel ist online abzurufen. Bitte hier lang: http://www.uni-leipzig.de/~publ/inhalt/beitraege/petersen.pdf
Zitate aus: Publizistik, Heft 2, Juni 2006, 51. Jahrgang, S. 153–167.

Mittwoch, 15. November 2006

doppelt hält...

Sehr nett. Die TAZ druckte gestern im Berlin Teil haargenau die gleiche Seite wie an dem Tag zuvor ab. Und dies nicht absichtlich. Grund war offenbar ein falscher Mausklick, der die alte Seite wieder neu zum Druck brachte.
Heute schreibt die taz dazu:
die falsche taz-seite
Die taz ist immer für Überraschungen gut. Leider sind diese manchmal gar nicht von der Redaktion geplant. So erschien in der gestrigen Ausgabe auf Seite 21 versehentlich nochmals die Seite 21 der Montagsausgabe. Dafür können wir uns bei unseren LeserInnen nur entschuldigen. Grund für die vertauschten Seiten war ein falscher Mausklick bei der Übertragung der Seite in die Druckerei. Ein dadurch leider entfallenes Interview mit Innensenator Ehrhart Körting zum angestrebten Verbot der NPD drucken wir heute erneut. In Zukunft bemühen wir uns, unseren LeserInnen wieder nur geplante Überraschungen zu präsentieren. taz

Dienstag, 14. November 2006

Falsche Darstellung

Süddeutsche Zeitung, Dienstag, 14. November 2006, Seite 2.
Korrekturen
In der Ausgabe vom 4. November hieß es in einer Meldung im Feuilleton, der Historiker Joachim Fest habe in seiner Autobiographie den Philosophen Jürgen Habermas in die Nähe zur NS-Ideologie gerückt und ihm in einer Anekdote unterstellt, er habe ein Schriftstück aus der NS-Zeit verschlungen, das diese Nähe dokumentiere. Und der Journalist Jürgen Busche habe daraus in dem Magazin Cicero eine Tatsachenbehauptung gemacht. Die Aussage über Busche trifft nicht zu. Er hatte die Anekdote als Gerücht dargestellt.

Montag, 13. November 2006

Schlimm, schlimm

Und das kommt dabei raus, wenn offenbar nur noch Computer in der News-Abteilung sitzen. Bei Netscape.de ist die Nachricht über den vermeintlichen Tod nach gut einer Woche immer noch online (stand Montag, 13. November 2006, 17:11), obwohl AFP die Meldung korrigiert hatte.

birgeschadenetscape

Dienstag, 7. November 2006

Die Gefahren des...

Über diese makabre Meldung auf der heutigen Medienseite musste ich schon rätseln. Offenbar hatte jemand unter Manipulation des e-mail Absenders den Selbstmord einer Schauspielerin verbreiten wollen – ganz gewiss also keine Form eines Grubenhundes.

Die Meldung im Wortlaut:
Süddeutschen Zeitung, Dienstag, 7.11.06, S. 15.
Die Gefahren des Internet
Um 16.16 Uhr verbreitete die Nachrichtenagentur AFP am Montag unter Berufung auf den Berliner Tagesspiegel, der sich wiederum auf die Künstleragentur Above the line berief, den Selbstmord der Schauspielerin Birge Schade. Tatsächlich handelte es sich um eine Falschmeldung von offenbar nicht unerheblich kriminellem Gehalt. Eine manipulierte E-Mail vom Account der Schade betreuenden Agentin bei Above the line in München informierte von einer Überdosis Schlaftabletten, die zum Tode der 41-jährigen Aktrice geführt habe. Above the line schaltete die Polizei ein. Birge Schade (Katzenzungen, Krieg der Frauen) ist im achten Monat schwanger und bei guter Gesundheit. Einen ähnlichen zynischen Fall von Rufmord hat es, Prominente betreffend, in Deutschland noch kaum gegeben. Das Internet kennt viele Wege und noch mehr Gefahren.

Bedenklich fand ich aber auch die Überschrift „Die Gefahren des Internet“ und verweise gerne auf eine Panne der SZ, als sie den Wissenschaftler Albert Görres frühzeitig für tot erklärten.
Die Gefahren lauern also nicht immer nur im bösen Netz, sondern auch ganz banal in den eigenen Räumen und der eigenen Sorgfaltspflicht.

Update: Zuckerbrot hat die Originalmeldung und Richtigstellung als Screenshot aufgehoben.
screenshot der tagesspiegel-richtigstellung

Dienstag, 31. Oktober 2006

Korrektur auf die andere Art

Was machte der amerikanische Journalist Bill Owen eines Abends im Jahre 1996 vor der Parkview Grundschule?
Er verteilte Zettel auf denen eine Wegbeschreibung zur Park Glen Grundschule aufgezeichnet war.

Bill Owen hatte am vorigen Tag einen kurzen Artikel über eine Schulveranstaltung geschrieben. Die Veranstaltung würde morgen in der Parkview Grundschule stattfinden, so hieß es zumindest in seinem Artikel. Am nächsten Morgen bemerkte Bill Owen, dass er sich geirrt hatte: Die Veranstaltung war in einer anderen, nämlich der Park Glen Grundschule.
Er hätte eine Korrektur schreiben können, aber die wäre erst am nächsten Tag veröffentlicht worden. Zu spät, die Veranstaltung fand schließlich heute statt.

Er tat also das, was wohl nur wenige Journalisten auf sich nehmen würden, begab sich an den falsch genannten Ort und informierte ca. zehn Besucher, wie sie den Weg zu der richtigen Schule finden würden. Für sein Verhalten erntete er im Anschluss an die Veranstaltung Applaus.

(via http://www.asne.org/credibilityhandbook/detailsmatter.htm)

:::QuakQuak:::

:::Fehler-Korrekturen in der deutschen Presse:::

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Gefundene Korrekturen kann man mir gerne schicken: stereomike AT web.de

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