Historisches

Donnerstag, 18. Mai 2006

Taschenquartett der Journalismusunfälle (I)

Eine kleine Serie der Journalismusunfälle - konzipiert als Taschenquartett.

Folge 1:
Wer: Tom Kummer
Was: Interviewfälscher / Borderline-Journalist
Wen: hauptsächlich das SZ Magazin, aber auch andere renommierte Blätter.

kummertom23

Was war passiert: Tom Kummer führte tolle Interviews. Er entlockte Stars wie Courtney Love Sätze wie: „Ich spiele mit meinen Brüsten, um so eine Art Ekel zu demonstrieren, nicht um zu protzen. Ich verwandle mich dann einfach zur Stimme aller gequälten Seelen dieser Welt.“
Nur die anderen Journalisten kamen immer mit den ewig gleichen, langweiligen Antworten ihrer round-table Interviews aus Hollywood zurück.
Aber: Eines Tages kam es ans Licht. Der Großteil seiner Interviews waren erfunden. Ein Werk der Montage aus verschiedenen Quellen. Der Fake als Kunstform quasi.
Und: Auf die Frage des Spiegel, ob er die Interviews mit den Stars selbst geführt hätte, antwortete Kummer: „Diese Frage ist mir zu eindimensional.“
Und dann: Rausschmiss beim SZ-Magazin, Ächtung in der Branche, auch die zwei damaligen Chefredakteure des SZ-Magazins Ulf Poschardt und Christian Kämmerling mussten gehen. Die Süddeutsche behandelte nach der Aufdeckung durch Focus den Fall schließlich auf 750 Zeilen.
Heute: Tom Kummer lebt in Los Angeles, dort gründete er die School of Borderline Journalism. In seinem Manifest beschreibt er sein Verhältnis zur Wahrheit inzwischen so: „Der Weg zur Wahrheit führt über viele Wirklichkeiten. Das kann dem Leser keine Zeitung abnehmen. Ich glaube, das erwarten die Leute auch gar nicht mehr, dass sie ihre Zeitung aufschlagen, und da steht die Wahrheit schwarz auf weiß.“

Donnerstag, 20. April 2006

Totgesagt und nicht gestorben (Teil 2)

Wie bereits erwähnt kommt es immer wieder vor, dass Medien voreilig Nachrufe veröffentlichen, auch wenn die betroffene Person noch ziemlich am Leben ist.
Heute macht es die Super-Illu vor und erklärt den Akt-Fotografen Günter Rössler für Tot. (Überschrft: "Der letzte Akt ist vorüber")
Inzwischen hat sich die Zeitschrift entschuldigt und merkt an: "Es war eine Verknüpfung unglücklicher Umstände, die uns unendlich leid tut." Angeblich hat es sich um einen Hörfehler gehandelt, wodurch Rössler mit dem kürzlich verstorbenen Roger Rössing verwechselt wurde.
Tatsache ist: die fehlerhafte Meldung ist heute im Blatt. Der Fotograf erklärt gegenüber Spiegel Online: "Ich kann das gar nicht richtig beschreiben. Ich bin einfach nur schockiert und sprachlos." Recht hat er.

(via SPON)

Nachtrag: Die Richtigstellung - vorerst nur - auf der Homepage der Super-Illu lautet:
RICHTIGSTELLUNG
Liebe Leserinnen und Leser der SUPERillu,
aufgrund einer Fehlinformation wird in der SUPERillu 17/2006 auf Seite 82 über das Ableben des Fotografen Günter Rössler informiert. Die Meldung hat sich als nicht zutreffend herausgestellt - zum Glück lebt Herr Rössler. Einzelheiten veröffentlichen wir in der nächsten Ausgabe. Für den bedauerlichen Fehler in der aktuellen SUPERillu entschuldigen wir uns bei Herrn Rössler und allen Lesern.

Dienstag, 21. März 2006

Totgesagt und nicht gestorben

nachruf
Es kommt immer wieder vor, dass in Zeitungen Nachrufe erscheinen, obwohl die Person noch gar nicht gestorben ist. In diesen Fällen ist die Presse ihrer Zeit einmal wirklich voraus, sie ist schneller als der Tot erlaubt.
Im Dezember 1995 meldete beispielsweise die Süddeutsche Zeitung den Tod des Professors Albert Görres und widmete ihm einen langen Nachruf. Dort hieß es unter anderem: „Professor Albert Görres war Ordinarius für medizinische Psychologie und Psychotherapie an der TU München. Er ist nun, nach 77 Lebensjahren, gestorben, geduldig bis zum Tode.“ Nur: der Professor war zu dem Zeitpunkt zwar schwer erkrankt, aber am Leben.
Der Artikel war bereits im Voraus geschrieben worden, eine Redakteurin setzte ihn dann versehentlich und verfrüht ins Blatt.
Am nächsten Tag folgte dann die Entschuldigung:
Als Folge eines Irrtums war gestern auf dieser Seite ein Nachruf auf Albert Görres, den emeritierten Ordinarius für medizinische Psychologie und Psychotherapie an der Technischen Universität München, zu lesen. Die Redaktion bedauert dieses Versehen zutiefst. Professor Görres, der an einem schweren Leiden erkrankt ist, befindet sich in der Obhut seiner Familie in München. Der Erkrankte selbst nahm den Nachruf gelassen auf und kommentierte die Fehlleistung mit den Worten "Daß dies ausgerechnet einem Psychoanalytiker widerfahren ist..."
Tatsächlich verstarb Albert Görres am 03. Februar 1996 – rund drei Monate nach der Falschmeldung.

:::QuakQuak:::

:::Fehler-Korrekturen in der deutschen Presse:::

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